Geschichte

Leben und Arbeiten am Wasserschloss - Steigen Sie in die Zeitreise durch die Geschichte von Gebenstorf ein. 

Gebenstorfs Lage am Wasserschloss bietet besonderen landschaftlichen Reiz. Viel mehr als heute brachten die Flüsse früher auch Verdienst für Fischer und Schiffer, besonders für die Bewohner der flussnahen Siedlung Vogelsang. In den weiter vom Fluss weg liegenden Ortschaften und Höfen herrschte die Landwirtschaft vor. Allerdings waren nur wenige eigentliche Bauern, die von den Erträgen des eigenen Hofes leben konnten. Viele waren auf Zusatzverdienst als Taglöhner, Handwerker oder Heimarbeiter angewiesen.

In einem Dokument aus dem Jahr 1247 wird der Name «Gebenstorf» erstmals urkundlich erwähnt. Das Wasserschloss war allerdings lange vorher besiedelt. Ein keltisches Bronzeschwert aus dem Bereich der Limmatmündung deutet darauf hin. In Wil bei Turgi steht am ursprünglichen Standort die Kopie eines im Landesmuseum aufbewahrten römischen Meilensteins. Er beweist, dass die römische Strasse von Vindonissa (Windisch) nach Aquae Helveticae (Baden) durch Gebenstorf lief. Die auf die Römer folgenden Alemannen sind die eigentlichen Begründer unserer Siedlungslandschaft. Der Name «Gebenstorf» bezeichnet das Dorf der alemannischen Sippe des Gebin. Diese Siedlung besteht spätestens seit der Zeit um 800. Der Ortsteil Reuss entstand wahrscheinlich später im Zusammenhang mit einer mittelalterlichen Reussfähre zum Windischer Unterdorf. Die beiden «Berghöfe», Schwabenberg und Petersberg, sind Rodungshöfe aus der Zeit zwischen 1000 und 1200. Vogelsang, auch eine mittelalterliche Siedlung, soll seinen Namen viel später mit der Ansiedlung der reformierten Familie Vogelsang aus dem Solothurnischen erhalten haben. Bis 1883 gehörte auch das Gebiet der heutigen Gemeinde Turgi zu Gebenstorf. Am 1. März 1884 wurden die vier Dorfteile durch Grossratsbeschluss getrennt in zwei Gemeinden: Gebenstorf mit Vogelsang und Turgi mit Wil. Die Ortschaft Wil ist ebenfalls alemannischen Ursprungs, während in der Flussniederung des heutigen Turgi nur ein einzelnes Bauernhaus stand, von dem aus eine Fähre ins Siggenthal bedient wurde. Die Fähren im Wasserschloss wurden erst später durch Brücken ersetzt: 1799 jene zwischen Gebenstorf und Windisch, 1845 jene bei Turgi, 1919 jene zwischen Vogelsang und Lauffohr.

Als eine von wenigen Gemeinden in der zwischen 1415 und 1798 existierenden Grafschaft Baden blieb Gebenstorf nach der Reformation um 1525 paritätisch. Das Zusammenleben von etwa einem Drittel Reformierten und zwei Dritteln Katholiken ist für die Zeit vor der konfessionellen Toleranz um 1800 in der ganzen Eidgenossenschaft etwas Seltenes. Dieser Zustand brachte zahlreiche Probleme und Auseinandersetzungen mit sich. Die Kirche wurde abwechselnd mit jener der Nachbargemeinde Birmenstorf von beiden Konfessionen benutzt. Grossen Einfluss auf die Stimmung in der Gemeinde hatten die Pfarrherren, besonders die reformierten, die im Gebenstorfer Pfarrhaus residierten. Einige waren Personen des Ausgleichs, andere hingegen schürten das Feuer.

Um 1830 brach die Industrie in die bisherige kleinbäuerliche Lebenswelt ein. Damals entstanden in Turgi und Unterwindisch zwei der grössten Spinnereikomplexe der Schweiz. Einheimische aus armen Einkommensschichten fanden hier Arbeit. Zudem kamen viele neue Arbeitskräfte von auswärts, die in Mehrfamilienhäusern, den so genannten Kosthäusern, untergebracht wurden. Die Einwohnerzahl explodierte von 783 im Jahr 1831 auf 1517 sechs Jahre später. Der alte konfessionelle Gegensatz wurde nun überlagert durch zwei neue: jenen zwischen Bauern- und Arbeiterschaft und jenen zwischen den «oberen Ortschaften» Gebenstorf, Reuss und Berghöfe und den «unteren Ortschaften» Vogelsang, Wil und Turgi. Er verstärkte sich noch, als 1862 in Vogelsang eine weitere grosse Spinnerei eröffnet wurde.

Die Situation entspannte sich erst, als es Turgi und Wil 1883 mit kräftiger Unterstützung der Turgemer Fabrikanten gelang, sich von der Gemeinde loszusagen. Damit war endlich klar, wo zwei neue Kirchen entstehen sollten. Sie wurden 1889 und 1891 im Dorf Gebenstorf gebaut und nicht an der Grenze zu Turgi, wie dessen Bewohner noch vor der Gemeindetrennung verlangt hatten. In der 1899 aufgegebenen Spinnerei Vogelsang entstand eine Leuchtenfabrik, 1909 umgewandelt in die «Bronzewarenfabrik AG Turgi», den grössten Arbeitgeber der Gemeinde im ganzen 20. Jahrhundert. Unter der Marke «BAG Turgi» entstanden hier Leuchten mit gutem Ruf: für den dekorativen Bereich, aber auch für Strassentunnels und Sportstadien in aller Welt.

Seine Lage im Herzen des Wasserschlosses machte Gebenstorf während des Zweiten Weltkriegs zu einem militärisch wichtigen Ort. Im Engnis zwischen Bruggerberg und Gebenstorfer Horn bestand die letzte Gelegenheit, einen von Norden eindringenden Gegner daran zu hindern, sich im schweizerischen Mittelland frei zu entfalten. Bunker und Tanksperren zeugen heute noch von der so genannten Limmatstellung von 1939/40.

Wegen seiner guten Verkehrslage zwischen Baden und Brugg entwickelte sich Gebenstorf seit dem Krieg zum bevorzugten Wohnort. Zeitweise erlebte die Gemeinde einen ähnlich starken Wachstumsschub wie um 1830. Zwischen 1950 und 1990 verdoppelte sich die Bevölkerung auf 4000 Personen. Vom Arbeiterdorf der nahen Textilindustrie wurde Gebenstorf zur verkehrsgünstigen Wohngemeinde für viele Pendlerinnen und Pendler.

Im Zuge der eingeleiteten Struktur- und Organisationsreformen anfangs der 90-er Jahre wurde ein neues «Corporate Identity» geschaffen. Der Brugger Künstler und Maler Sepp Marty hat auf einfache und bestechende Weise drei markante, sich farblich in einem Blauton abhebende «Pinselstriche» entworfen, welche die drei Flüsse Aare, Reuss und Limmat als Wasserschloss symbolisieren. Seit 1993 wird dieses Logo als Identifikationsmerkmal auf allen amtlichen Dokumenten der Gemeindeunternehmen und Betriebe verwendet.

In der Gemeindesiegelsammlung des Staatsarchivs in Aarau war Gebenstorf nicht vertreten bis zum Jahre 1872. Gemäss den damaligen Feststellungen und Aussagen früherer Staatsarchivare führte es eine Sichel und eine Pflugschar im Schilde. Oberrichter Walther Merz spricht 1915 in seinem Büchlein über die aargauischen Gemeindewappen von einem Rebmesser statt von einer Sichel. Das wäre sinngemäss, weil die Pflugschar schon den Ackerbau versinnbildlicht und der Rebbau früher ein wichtiger Erwerbszweig war, standen doch nicht nur am Kirchhügel und an den sonnigen Hängen im Sand Reben, sondern sogar im schattigen Wil. Der Name Körnlisberg auf der Hornebene deutet doch wohl darauf hin, dass dort einmal Getreide angebaut wurde, wie übrigens auch auf dem Geissli, wo mehrmals die Bezeichnung Zelg vorkommt.

Auf Empfehlung der aargauischen Gemeindewappenkommission stimmte der Gemeinderat 1953 dem Vorschlag für die Wappengestaltung zu: «In Rot und Weiss aufrecht nebeneinander gestellt eine rote Pflugschar links und eine weisse Sichel mit gelbem Griff rechts». Die Heraldiker betrachten links und rechts nicht vom Zuschauer, sondern vom Wappen aus.

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